Unperfekt perfekt 2. Februar 2018 – Kategorien: Karins Blog
Manchmal frage ich mich, wie oft ich wohl meine Aussagen in der Rolle als Mom wiederholen muss. Fünfmal täglich mindestens. Oder zehnmal? Gefühlte hundertmal mit Sicherheit. Und die Kinder hören einfach nicht zu. Oder sie schauen mich kurz an – und machen dann weiter. Oder sie sagen «Nein». Genau. Das Lieblingswort meiner Kinder ist «Nein». Aber wer kann es ihnen verdenken? Wo sie doch oft genug meine Neins zu hören bekommen. «Tu das nicht!», «Lass das bitte!», «Stopp!», «Ich möchte nicht, dass du …!» Ich versuche die Neins ja wirklich im Rahmen zu halten und möglichst dann einzusetzen, wenn es auch wirklich nötig ist. Denn die Rolle als mahnende Polizistin liegt mir nun mal nicht. Aber sie sehen weder Gefahren, noch können sie Situationen richtig einschätzen. Und ich bin ja schliesslich nicht nur dafür da, sie mit meiner Liebe zu überschütten. Schutz bieten, Werte aufzeigen und sie auf ihrem Weg begleiten. Klingt gar nicht so schwierig, oder? Also für mich fühlt es sich manchmal an, als hätte mich jemand auf den Chefsessel einer Firma gesetzt und gesagt: «Dann schau mal, dass das gut kommt.» Ohne zu wissen, wo wann welche Knöpfe zu drücken sind.
Sich um den Haushalt und gleichzeitig um die Kleinen zu kümmern, ist ganz oft eine Challenge für mich. Kochen mit einem 1,5-jährigen Kind, das gleichzeitig in meinen Armen sein will, beinhaltet sehr viel Geschick und Geduld. Und während ich das Bad putze, sind sie mit Sicherheit wieder am Streiten, oder der Kleine fällt von einem Stuhl oder die Grosse hat Hunger oder ruft wegen sonst was nach mir. Manchmal fühle ich mich wie ein Tintenfisch mit zehn Armen, der gleichzeitig diverse Sachen erledigen sollte. Leider aber mit keiner so richtig vorwärtskommt. Bin halt eben doch kein Tintenfisch. Am besten gelingt mir das Staubsaugen. Ja, das mache ich wirklich gerne im Beisein meiner Kinder. Denn Staubsaugen bedeutet für mich «Arbeit ohne Geschrei, Gebrüll oder Gejammer in meinen Ohren». Dann höre ich einfach mal NICHTS! Und die Kinder? Sie sind dann so richtig schön entspannt und geduldig. Vielleicht wirkt das dumpfe, saugende Geräusch beruhigend auf sie? Oder aber sie sind ebenfalls darüber erfreut, ganz ohne Mamma-Gemotze, Geschimpfe und Ermahnungen endlich in Ruhe die ganzen Regale und Schränke ausräumen, das Geschwister an den Haaren ziehen oder das Badezimmer unter Wasser setzen zu können.
Also was ich als Mom Emotionales erlebe, Tag für Tag, ist schon unglaublich. Der Alltag mit den Kindern bringt so viel spontane, lustige Momente mit sich. Wenn ich meine Tochter bitte, mir die Daumen zu drücken, und sie dann zu mir kommt und halt eben «meine Daumen fest drückt». Dann können wir so wunderbar gemeinsam lachen. Aber auch viele herzerwärmende Momente bereichern meine «Arbeit» als Mom. Wenn wir knuddeln und kuscheln und einander sagen, wie lieb wir uns haben. Natürlich sind da auch die chaotischen Momente. Wenn fünf Minuten nach dem Aufräumen alle Kisten wieder umgekippt worden sind, alle irgendwas durcheinanderschreien und brüllen und jeder etwas von mir will. «Mamaaaaaaa!» (Ich erinnere mich gerade daran, wie bezaubernd ich es fand, als sie dieses Wort sprechen lernten). Oder wenn wir zu einem bestimmten Zeitpunkt irgendwo sein sollten. Dann passiert genau, wenn wir endlich angezogen und bereit sind, nochmals alles, was eben nicht passieren sollte. Sie hat noch in die Hosen gepinkelt. Er fällt hin und weint. Wir finden seine Mütze nicht (was ich ständig und tagtäglich am Suchen bin! Zum Glück kann mich keiner beobachten, wenn ich wie verrückt in der Wohnung herumrenne!). Aber am schlimmsten finde ich die Schreckensmomente. Nicht schön. Wenn ich es kommen sehe, wie der Kleine nächstens eine Treppe runterpurzeln wird und ich nur noch renne und die Situation retten will. Oder Momente des absoluten Nervenverlustes. Und es soll mir keine Mom sagen, dass sie die nicht kennt. Ach, ich würde es ihr sowieso nicht glauben. Meine eigene Mutter will mir auch weismachen, wie sie das Ganze easy und voller Ruhe meisterte. Alles war gut! Na klar! Ich erinnere mich an x Momente, an denen ihre Aushaltgrenzen mehr als überschritten wurden. Unser Vergessen funktioniert äusserst perfekt. Geht mir ja jetzt schon so. Wenn meine Kinder ein paar Stunden weg sind, finde ich all die chaotischen oder Nervenverlustmomente nur noch halb so wild. Ich musste heute meine morgendliche Dusche zweimal unterbrechen und klatschnass durch die Wohnung rennen, weil ich beim ersten Mal ein lautes Poltern und Klirren hörte (war nur die Vase meiner Oma) und beim zweiten Mal die Kinder schreiend übereinander hergefallen sind (unter x diversen Spielsachen ist immer nur das EINE für BEIDE GLEICHZEITIG interessant!). Ach, es gibt ja Schlimmeres! Der Kleine wollte gestern Abend bis zehn Uhr nicht schlafen und ich habe ihn, statt endlich in meinem spannenden Buch weiterzulesen, die ganze Zeit herumgetragen, beruhigt und geknuddelt. Ach wie süss! Mit ein bisschen Abstand sieht doch alles so schön aus, nicht wahr?
Welche Mutter weiss schon, was sie heute wieder alles erleben wird, wenn sie aufsteht? Aber wenn sie zu Bett geht und den zufrieden schlafenden Kindern sanft über die Köpfchen streicht, ist das wohl einer der vielen Momente, in denen sie einen Raum voller Liebe und Zauber geniessen kann. Und Stolz. Ja, ich spüre Stolz, wenn ich meine Kinder betrachte. Einerseits natürlich, weil sie schon so vieles können und wissen und ich sie supersüss und einfach wunderbar finde, wie sie sind, und ich denke, dass mein Mann und ich zwei richtig tolle Menschlein «erschaffen» haben. Ich bin aber schon auch stolz darauf, was ich als Mutter tagtäglich alles meistere. Zwar längst nicht perfekt, aber auf jeden Fall glückselig darüber, dass unsere Kinder trotz vieler Herausforderungen und nervenaufreibenden Momenten wohlbehütet und bedingungslos geliebt aufwachsen dürfen.